Buch oder E-Book?

Im Jahre 1988 wurde das erste kommerzielle elektronische Buch veröffentlicht, das sich vollständig am Computer lesen liess. Seit 30 Jahren haben wir somit Erfahrungen mit der digitalen Lesevariante. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts hat sich der Anstieg dieser Leseform breiter etabliert durch die Smartphones und Tablets.

Der anfängliche Anstieg ist aber bereits wieder gestoppt. Der Anteil von E-Books auf dem Buchmarkt beträgt in Europa ca. 5%, in den USA liegt er zwischen 15-20%. Das hat mich überrascht. Warum also diese Treue der Leser zum gedruckten Buch?

Beim Print-Exemplar hat man ein anderes Lesegefühl als beim E-Book. Ich sehe schnell wieviel ich schon gelesen habe, kann auch von Hand Notizen machen. Das gedruckte Buch hat keine Lizenzbeschränkung , ist immer verfügbar ohne Strom, kann leicht ausgetauscht oder weitergegeben werden. Das Gefühl etwas Richtiges in der Hand zu haben kann ein digitales Werkzeug einfach nicht vermitteln. Auch die Generation der Digital Natives oder Millenials sieht das anscheinend so. Auch sie legt immer noch Wert auf ansprechende Gestaltungen beim Print, etwa mit Prägungen, grossen Formaten und Bildern.

Eine norwegische Studie aus dem Jahre 2013 hielt fest, dass Gedrucktes das Verständnis von Informationen bei Studierenden stärker fördert als die digitale Variante. Menschen lesen Bücher im Print aufmerksamer und effizienter als E-Books. Dies zeigte eine weitere Studie von 2017 aus den USA*.

In Lernsituation zeigt sich immer wieder, dass komplexere digitale Informationen oberflächlicher aufgenommen werden als analoge. Daher arbeite ich in Kursen, trotz Papierverbrauch, immer noch gerne mit Handouts. Besonders bei fremdsprachigen Teilnehmenden fällt mir die leichtere Aufnahmefähigkeit von Lerninhalten durch die Printversion auf. Die Arbeit mit Lernplattformen, die Digitalisierung aller Bildungsstufen wird sicher weitergehen (blended learning), das Buch geht dabei nicht unter. Es wird weiter einen wichtigen Platz behalten.

Und zum Schluss: Was stört mich bei neueren E-Books besonders? Die Lesegeräte leiten die Daten über das Leseverhalten der Käufer direkt online an die Verlage und Autoren zurück. So weiss der Verlag genau, welche Seiten gelesen wurden und wie lange der Käufer liest. Die Intimität des Lesens geht verloren. Auch hier werde ich als Kunde wieder genau überwacht. Sicher bekomme ich dann vom Verlag neue Buchvorschläge direkt zugeschickt. Ein echter Vorteil oder eine weitere Marketingstrategie der grossen Anbieter im Buchgeschäft?

*Martin-Beltrán, M., Tigert, J., Peercy, M. M., & Silverman, R. D. (2017). Using digital texts vs. paper texts to read together: Insights into engagement and mediation of literacy practices among linguistically diverse students. International Journal of Educational Research82, 135-146.



Books and Reading
  “….This paradox of change and seeming unchanging nature has an analogy with books and reading. If you were to look at reading 25 years ago and today, then superficially, nothing much has changed — the classic image is of someone reading a hardback book in quiet solitude. And yet, it doesn’t take much examination to appreciate just how wholly different the context is within which that reading occurs. In terms of technology, there is an abundance of audiobooks and e-books; retail occurs largely through online providers, such as Amazon; publishing has seen a rapid growth in self-publishing and crowdfunding models; and the writing of books sees extensive use of blogs, fan fiction, online research and dissemination that occurs through social media and accompanying material found online. The business of books and the society within which books exist is almost unrecognizable from 25 years ago. …” Martin Weller: 25 Years of Ed Tech, Au Press 2020